Keramikpioniere
Kurt Ohnsorg
(1927 Sigmundsherberg/NÖ – 1970 Gmunden/OÖ)
In seiner Disziplin gilt Kurt Ohnsorg bis heute als revolutionärer Erneuerer, der die österreichische Keramikkunst in die Moderne übergeführt hat. Er entwickelte dafür eigene Verfahrensweisen, suchte neue (Gefäß-)formen, sprengte die Grenzen zur Bildhauerei, experimentierte mit zerreißenden, grob strukturierten Oberflächen und nahm darüber hinaus Anleihen aus der uralten japanischen und chinesischen Tradition.
Anhand von unkonventionellen Konzepten und Entwürfen für Gebrauchskeramik auf künstlerischem Niveau verwirklichte er die Idee der Vereinbarkeit von Ästhetik, Form und Verwendbarkeit. „Diese wunderbaren Dinge, die Ohnsorg hergestellt hat, haben sehr oft eine Bestimmung, dienen einem Zweck, und es ist eine große Leistung, wenn Schönheit eben auch eine Bestimmung hat, obwohl sie an und für sich ist und für sich gern auch bleiben würde.“ (Elfriede Jelinek)
Mit der Gründung des „Josef-Hoffmann-Seminars für keramische Gestaltung“ in Wien, den „Internationalen Sommerseminaren für Keramik“ in Gmunden und – in engem Zusammenhang damit – der an der Linzer Kunstschule etablierten Professur und Meisterklasse für Keramik setzte Ohnsorg in den 1960er Jahren institutionelle Meilensteine für die österreichische Keramik.
Zum Selbstverständnis seines Arbeitens schrieb er: „Die Liebe zum Handwerk ist nicht als sentimentale Neigung anzusehen, sondern als die nach wie vor vollkommenste Möglichkeit des Menschen, sich mit der Materie auseinanderzusetzen. […] Wer sich der Mühe der Beherrschung der Materie nicht unterzieht, bei dem kann sowohl Persönlichkeit als auch Künstlerschaft als fragwürdig gelten.“
Franz Josef Altenburg
(1941 Bad Ischl/OÖ – 2021 Wels/OÖ)
Was Franz Josef Altenburg, der sich selbst schlicht als „Töpfer“ bezeichnete, tat und wie er es tat, geschah ohne Effekthascherei und Selbstzweck. Seine Auffassung, „den Spuren zu folgen, die der Überlebenskampf mit sich bringt“, veranlasste ihn zur Produktion von „Kacheln, Gefäßkeramik und Kunst“.
Altenburg hat eine einzigartige und unverkennbare Formensprache gefunden. In der Gestalt von Gebautem, Geschichtetem, Aufgetürmtem, Gestapeltem vergegenwärtigen seine Objekte Modelle geistiger Wirklichkeiten. Seine Arbeiten sind Resultat bewusst angestrebter Einfachheit und ebensolcher Abstraktionsvorgänge. Davon, dass ihm die Keramik den Weg zeige, das Material selbst ihn in diese Einfachheit führe, war er überzeugt. Sein beeindruckendes, konsequentes Œuvre, von Gefäßformen und architektonischen Elementen sowie reduzierten Konstruktionen geprägt, bildet die große Tradition der Wiener Keramik der Moderne ab.
An seine Arbeit in der Hallstätter Keramik bei Gudrun Baudisch-Wittke schloss sich eine zwanzigjährige Tätigkeit im gemeinsamen Atelier mit Anton Raidel in der Gmundner Keramik an. Seit 1976 war er als freischaffender Künstler in eigener Werkstätte in Asperding/Gemeinde Schlatt tätig. Mit seinem Engagement für Keramiksymposien beeinflusste Altenburg Generationen junger KeramikerInnen.
Wenn „Keramik wie eine Sprache ist“ (Matthias Kaiser), war der „Einzelgänger der Keramik“ (Peter Baum) und nach eigener Definition „altmodische Übereinanderstapler“ ein Meister ihres Ausdrucks in Inhalt und Form. Altenburg brachte die Keramik als Medium gewissermaßen „zum Sprechen“.
Anton Raidel
(1943 Wiener Neustadt/NÖ – 2019 Gmunden/OÖ)
Die Beschäftigung mit Anfang und Ende der Welt, die künstlerische Auseinandersetzung mit den existenziellen Fragestellungen des Seins bilden ein zentrales Thema im Werk des Keramikers, Zeichners und Druckgrafikers Anton Raidel. Angeregt von den Keramik-Symposien seines Freundes Kurt Ohnsorg und dem Umfeld der Gruppe H, in deren Rahmen er gemeinsam mit seinem Weggefährten Franz Josef Altenburg arbeitete, gründete er 1973 eine eigene Werkstatt in Gmunden.
Raidels Welt ist eine vielgestaltige. Stand am Anfang die intensive Auseinandersetzung mit einer reduzierten Formfindung im Bereich der Keramik, ist sie später zu einem Universum sublimer grafischer Ausdrucksmöglichkeiten gereift. Frühen Einflüssen aus dem Kubismus folgte in seiner künstlerischen Entwicklung ein eigenwilliges und ausdrucksstarkes Œuvre, das die Betrachterin und den Betrachter mit teils fragilen, teils wuchtigen archaischen Motiven herausfordert und insbesondere im Spätwerk immer wieder Schmerz und Tod reflektiert.
Raidels umfangreiches Werk – Keramiken, Skulpturen, Zeichnungen und Grafiken – wurde international prämiert, im In- und Ausland gezeigt und ist in wichtigen Sammlungen und zahlreich in privatem Besitz vertreten.
„Anton Raidel zählt seit langem nicht nur zu den besten und kompromisslosesten Keramikern unseres Landes, sondern auch zu jenen den Existenzbedrohungen des Daseins nachspürenden Zeichnern, die den Unwägbarkeiten des Lebens in gleichermaßen sensiblen wie kraftvollen Chiffren und Symbolen entgegentreten.“ (Peter Baum)