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Stadtgemeinde Gmunden
Blick auf Seeschloss Ort, Mahnmahl im Vordergrund
©Stadtgemeinde Gmunden

NS-Opfer-Mahnmal

Entstehungsgeschichte

Den Anstoß zur Errichtung dieses NS-Opfer-Mahnmals verdankt die Stadtgemeinde zwei Gmundner Bürgern. General a. D. Hubertus Trauttenberg, bekannt als Adjudant von Bundespräsident Thomas Klestil, mutiger Befürworter der „Wehrmachtsausstellung“ und Co-Initiator des Lern- und Gedenkortes Schloss Hartheim, hatte die Idee. Er fand in Mag. Holger Höllerwerth, Lokalhistoriker, AHS-Lehrer i. R. und Autor mehrerer zeitgeschichtlicher Werke über seine Heimatstadt sofort einen engagierten Mitstreiter. Beide konnten anfängliche Bedenken ausräumen und die Stadtpolitik von der Notwendigkeit und Wichtigkeit dieses Projektes überzeugen. Bei der Recherche der Opfer-Biografien bekam Höllwerth maßgebliche Unterstützung von Mag.a Nina Höllinger vom Zeitgeschichtemuseum Ebensee, von Mag.a Hannah Lessing, der Generalsekretärin des Nationalfonds der Republik für Opfer des Nationalsozialismus und vom Forschungsleiter des Mauthausen Memorial, Dr. Gregor Holzinger.

2020 fiel im Gemeinderat der Beschluss, ein Mahnmal zu errichten und dafür einen KünstlerInnenwettbewerb auszuschreiben.

Mahnmal für die Gmundner Todesopfer des Nationalsozialismus

Siegerprojekt

Die Stadt hielt einen geladenen Wettbewerb ab. Aus den vier Einreichenden ging der Gmundner Architekt und HTL-Lehrer Dipl.-Ing. Kurt Ellmauer als Sieger hervor. Die Corona-Pandemie verzögerte die Umsetzung seines Projektes leider erheblich.

Ellmauers Mahnmal besteht aus einem Bronzeblechband mit den 60 Namen von Getöteten, die vom Glitzern der Traunseewellen durchdrungen sind. Ein QR-Code führt BetrachterInnen zu den hier auf der Website der Stadt hinterlegten Biografien und Fotos der Opfer.

Das Mahnmal ist links und rechts um neu recherchierte Namen erweiterbar. Aktuell trägt es die Namen von
25 Jüdinnen und Juden bzw. von Menschen, die durch die Nürnberger Rassegesetze zu Jüdinnen und Juden erklärt worden waren,
16 Euthanasieopfern und
19 politisch Verfolgten.
Die Forschung weiß von weiteren Namen und Schicksalen, die dem Mahnmal hinzugefügt werden, sobald sie verlässlich dokumentiert sind.

Urteilsbegründung der Jury vom Februar 2022:

„An Kurt Ellmauers Arbeit überzeugt ihre Klarheit, Schlichtheit und Unaufdringlichkeit. Im aktuellen internationalen Kunst-Kontext ist diesen Qualitäten gegenüber einer monumentalen, skulpturalen Lösung, die auf Wucht oder gar die Abbildung geschundener Körper setzt, der Vorzug zu geben.
Ellmauers Mahnmal für alle Gmundner Opfer des Nationalsozialismus korrespondiert auf ideale Weise mit der Umgebung. Alle Aufmerksamkeit gehört den Namen der Ermordeten, die über der Ufer-Brüstung in der Nachmittagssonne aufleuchten. Diese Menschen bleiben für die Nachwelt präsent, und doch verflüchtigen sich ihr Leben und Leiden angesichts der oben abgefrästen Buchstaben im Glitzern der Traunsee-Wellen.
Diese eindringliche poetische Wirkung bedarf keiner langen Erläuterung. Sie entfaltet sich für nahezu alle Einheimischen und Gäste, die die Esplanade, die attraktivste und am häufigsten frequentierte Meile Gmundens, entlang spazieren.“

Mitglieder der Jury

Mag.a Hannah Lessing (Generalsekretärin des Nationalfonds der Republik Österreich, Wien)
Dr.in Elisabeth Fiedler (Chefkuratorin und Leiterin des Institutes für Kunst im öffentlichen Raum, Museum Ioanneum, Graz)
Dr. Gregor Holzinger (Leiter der Forschungsstelle des Mauthausen Memorial)
Dr. Wolfgang Quatember (Leiter des Zeitgeschichtemuseums Ebensee)
Dr. Andreas Hecht (Vorsitzender des Kulturausschusses der Stadt Gmunden)

„Der Schoß ist fruchtbar noch…“

In Gmunden herrschte lange ein Ungleichgewicht in der Gedenkkultur. Dem großen Kriegerdenkmal am Seeufer, dem monumentalen Stalingrad-Denkmal auf dem Hochkogel, dem Denkmal an der Außenmauer der Pfarrkirche und dem Kriegsgräber-Areal auf dem Stadtfriedhof stand nur ein bescheidener Gedenkstein für ein paar wenige politische Opfer des NS-Regimes auf dem Stadtfriedhof gegenüber. Der dortige winzige jüdische Friedhof ist zwar gepflegt, aber abgesperrt.

Gmundens NS-Historie endete nicht 1945. Hier existierte der „Gmundner Kreis“ zum außer Landes Schleusen von NS-Kriegsverbrechern, hier wurde 1991 Walter Reder, der „Schlächter von Marzobotto“, mit einem Neonazi-Aufmarsch begraben, hier rekrutierte Gottfried Küssel jene VAPO-Gruppe, die 1992 einen Brandbombenanschlag auf ein Flüchtlingsasyl im nahen Traunkirchen verübte.

Für ein NS-Opfer-Mahnmal ist es auch 80 Jahre „danach“ nicht zu spät. Nachdem fast alle Zeitzeugen und Überlebenden gestorben sind und Zeitgeschichte zur Geschichte wird, darf dieses Menschheitsverbrechen nicht vergessen werden. Warum? Auch 2023, im Jahr der Enthüllung dieses Mahnmals, galt unverändert Berthold Brechts Satz: „Der Schoß ist fruchtbar noch aus dem das kroch.“

Das Mahnmal wurde mit maßgeblicher Förderung des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus errichtet.

Bauausführung und Montage lagen in Händen des Schlossermeister Manuel Kreuzer, Edelstahldesign und Metallbau, aus Ohlsdorf.

Die Stadtgemeinde Gmunden im März 2023